Donnerstag, Februar 19, 2009

Einsichten.

Ich weiß jetzt, warum meine Putzfrau den Müll nie anrührt: Sie hat Angst, etwas wegzuwerfen, was man hinterher noch brauchen könnte. Offenbar steckt eine traumatische Erfahrung dahinter, die mit notariell beglaubigten Originalen und Papiermüll zu tun hat.
Von jetzt an muss ich ihr jedes Mal an Eides statt versichern, dass die zugeknotete Mülltüte, die ich mitten auf den Treppenabsatz stelle, weggeworfen werden kann. Darauf haben wir uns geeinigt, und heute war der große Testlauf.
Sie knotete die Tüte wieder auf, wühlte (mit Gummihandschuhen) darin herum und fragte bei allem, was nicht ganz verwest aussah, ob ich mir wirklich sicher sei.
Im Altkleidersack hat sie allerdings noch einiges gefunden, das sich offenbar in ihrer Wohnung ganz hübsch machen würde. Die alte Tischdecke mit dem Brandloch zum Beispiel. Kann sie stopfen, meinte sie.
Und sie hat ein neues Wort gelernt, nach 38 Jahren in Deutschland: Haushaltshilfe. Ab heute ist sie meine Haushaltshilfe und nicht mehr meine Putzfrau. Auch das ist mir recht, kostet mich nämlich auch nicht mehr. Und hört sich wirklich besser an.
"Meine Haushaltshilfe schwört ja auf Essigreiniger."
Doch. Klingt.

5 Kommentare:

Frederik Weitz hat gesagt…

Ja, Haushaltshilfen sind etwas drolliges. In Paris hatten wir eine Hausreinemachefrau, die uns jeden Freitag (das war ihr Arbeitstag) mit den neuesten Schreckensmeldungen aus dem Quartier chinois versorgte, zum Beispiel, dass es dort kaum streunende Katzen gäbe, oder dass man in den Pâtisserien des gâteaux au cafard bestellen könne.

Henrike hat gesagt…

meine scheint immer sehr aufregende dinge zu erleben, jedenfalls regt sie sich immer sehr auf. ich versteh nur leider nie sehr viel, weil sie u.a. zuviel wissen über die leute, mit denen sie sonst so zu tun hat, voraussetzt. ihren exmann zum beispiel, oder die neue von ihrem ex.
eben dachte ich schon, ich hätte mich verhört, da bezeichnete sie sich als haushälterin. war aber nicht auf mich bezogen, sondern auf diese 90jährige stinkreiche frau in othmarschen, bei der sie schon seit über 30 jahren usw.

Anonym hat gesagt…

die Putzfrau vom Anwalt im Haus hatte gestern Pech. Wollte nur ein bischen vor der Wohnungstür wedeln und diese mit ihrem Hinterteil am Zuklappen hindern. Klappte leider nicht, ausgesperrt nur in Jeans und T-Shirt. Wohin jetzt? Zu mir, der erstmal vernommen wird: -Kennen Sie xx? -Äh, ja. -Gut? - Ist mein Nachbar - Kennen Sie ihn mehr als vom Grüßen? usw. Die gute Frau mit osteuropäischem Akzent wollte ganz sicher gehen, dass es legitim ist, mich um die Benutzung des Telefons zu bitten. Nachbar in seiner Kanzlei meldet sich und schickt Kumpel mit Schlüssel. Die Dame kann es kaum fassen, dass sie die Wartezeit in fremder Wohnung verbringen darf GROSSE AUFREGUNG, als sei etwas enorm Wertvolles kaputt gegangen. Ich beruhige sie - "besser, als wenn Sie die Treppe heruntergefallen wären", was angesichts ihrer Ausmaße und Nervosität meine ehrliche Sorge ist. Schlüsselübergabe auf der Straße gelingt (vorher nicht ganz einfach einen passenden Mantel für sie zu finden). Nur leider geht die Tür danach immer noch nicht auf, da der andere Schlüssel von innen steckt. Usw. usw. Mir fiel auf, dass die Beschämung aller Beteiligten über meine kleinen Hilfeleistungen (excl. versuchtes Schlossknacken mit Büroklammer) sie mindestens ebenso, wenn nicht mehr, in Wallung brachte wie das eigentliche Problem. Vielleicht eine nordische Eigenart. Der Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden spiegelbildlich zur Angst, andere zu stören.

Anonym hat gesagt…

Sollte ich mir jetzt eine Haushaltshilfe zulegen (sie anstellen) um auch so tolle Erlebnisse zu haben, oder genügt es, selber wichtige Papiere in den Müll zu werfen, die Tür hinter sich zufallen zu lassen und Gerüchte zu verbreiten?
Was ist der bessere Lebensstil?

Henrike hat gesagt…

oh, das scheint mir sehr englisch, dieser wunsch nicht zu stören, verbunden mit dem bloßnichtanderereinlassen. die grenzen in beide richtungen wahren.
herr oster, eine haushaltshilfe ist allein deshalb schon ein muss, um die wirtschaft weiter anzukurbeln. arbeitsplätze schaffen! na los!
für mehr personal in privathaushalten! gegenseitig helfen in zeiten der finanzkrise!