"Scotland is the most accomplished nation in Europe", sagte mal der Sohn von Sir Robert Walpole, dem ersten britischen Premierminister. Das war im 18. Jahrhundert. Horace Walpole, 4. Earl of Orford und seit 210 Jahren tot, kennt heute niemand mehr. Dabei haben wir ihm so einiges zu verdanken.
Zum einen hat er die Weichen für die später blühende Gothic Novel gestellt. Er hat ein Büchlein herausgegeben, getarnt als Übersetzung eines italienischen Texts aus dem frühen 16. Jahrhundert, der wiederum im 12. Jahrhundert spielt. Es hieß: "The Castle of Otranto". Otranto gibt es wirklich, das beschriebene Schloss auch, es ist sogar genauso düster und verwinkelt und unheimlich wie in der Erzählung, nur stand es nicht in Apulien, sondern in Twickenham an der Themse und hieß "Strawberry Hill" – Walpoles eigenes Schlösschen, nach dem die heutige Londoner Siedlung benannt ist.
Die Vermarktungsstrategie war also ähnlich dem, was wir heute vom "Blairwitch Project" kennen. Nachdem es ein Erfolg wurde, bekannte sich der Autor als Autor dazu, und es war nur noch halb so spannend.
Dreißig Jahre nach "The Castle of Otranto" landete er seinen zweiten großen Erfolg. Diesmal mit einem Buch über die englischen Landschaftsgärten, deren Schutzpatron er heute ist, falls es so etwas wie einen Schutzpatron englischer Landschaftsgärten gibt.
Und dann ist er noch derjenige, der das Wörtchen Serendipity erfand und prägte. Serendip, soviel zur Entstehung des Wortes, ist das heutige Sri Lanka. Walpole las damals ein Märchen mit dem Namen "The Three Princes of Serendip", in denen die Prinzen eine unerwartete Entdeckung machen. Man benutzt das Wort heute entsprechend für wissenschaftliche Entdeckungen, die gar nicht auf dem Plan standen (Penicillin, Nylonstrümpfe), ein süßlicher Film mit John Cusack ist so benannt, und besonders Frauen, heißt es, sind für Serendipity, also dem Finden dessen, wonach man gar nicht gesucht hat, besonders anfällig, wenn man sie zum Einkaufen schickt.
Vielseitig, dieser Mann und seine Interessen. Aber ehrlich gesagt muss jetzt niemand losrennen und das Büchlein kaufen. Es ist doch zu albern, liest man es heute. Der Einfluss, den es hatte, zählt. Belassen wir es dabei, dies freudig zur Kenntnis zu nehmen.
Wie der Londoner allerdings zu seinen Gedanken über Schottland kam – ich bin noch dabei, es herauszukriegen. Vielleicht finde ich ja jetzt all das, was ich noch gar nicht gesucht habe.
Montag, Oktober 01, 2007
Schottland und das Finden dessen, was man gar nicht gesucht hat
Eingestellt von Henrike um 9:02 AM
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