Sonntag, Oktober 07, 2007

Burgsolms (Herkunft reloaded)

Burgsolms gehört mit vier weiteren Dörfern zur Stadt Solms und liegt an der Lahn. Es gibt noch den Solmsbach, der mündet dann in der Lahn. Die anderen Dörfer hören auf die schönen Namen Oberndorf (mit Burgsolms traditionell verfeindet), Niederbiel (mit Oberbiel traditionell verfeindet), Oberbiel (mit Niederbiel usw.) und Albshausen (mit Steindorf traditionell verfeindet, Steindorf gehört zu Wetzlar, und da gab es bis in die 70er noch das Gasthaus Heiland, genau). Burgsolms ist das größte der Dörfer und heißt deshalb Burgsolms, weil die Solmser Burg mal dort stand. Eine Wasserburg, in der die Edlen von Solms wohnten. Nicht besonders lange, denn die Burg wurde schon im Mittelalter zerstört und nicht mehr so richtig aufgebaut. Zuletzt blieb noch die Storchenmauer unten am Solmsbach, aber die zerbröselte fröhlich, also trug man sie in den 50ern kurzerhand ab. Irgendwann baute man eine breite Straße durch Burgsolms und riss zu diesem Zweck einige schöne Fachwerkhäuschen ab, um Flachdachbauten (hässlich) hinzubauen. Seitdem ist es nur anderswo schön. In Braunfels, zum Beispiel. Oder in Wetzlar. Aber nicht mehr in Solms.
Wer heute Solms hört, denkt an Otto Graf Solms, aber der hat seinen Stammsitz in Lich, weil seine Familie irgendwie zu der Solms-Hohensolms-Lich-Linie gehört. Das ist eine andere als die Solms-Braunfelser-Linie, die haben aber auch ein nettes Schloss, so ist es ja nicht.
Solms gehört zum Lahn-Dill-Kreis und hat etwas über 13.000 Einwohner. Durch die Aufteilung in fünf Dörfer kennt man sich natürlich. Man kennt besonders solche, die Heiland heißen, von denen gibt es in Solms nämlich exakt eine Familie, weil die Heilands ursprünglich aus Wetzlar (Steindorf, zum Beispiel) kommen. Es gibt noch eine Heiland, die sich aber mit dem Namen ihres Ehemanns für Nichtwissende unkenntlich gemacht hat. Die Wetzlarer (und Solmser) Heilands sind so ziemlich alle untereinander verwandt, nicht aber mit den Braunfelser Heilands. Ich sage deshalb so ziemlich, weil es bei Weltbild neuerdings eine Frau Heiland gibt, die auch nicht mit dem Rest verwandt ist. Heilands werden also gerade von Fremdheilands unterwandert.
Wie gesagt, Heiland heißt nur eine Familie in Solms, und weil es so klein ist, kennt man sich, und der Postbote braucht nicht mal eine Adresse. Heiland in Solms, das kommt garantiert an. Es ist so klein dort, dass alle im Dorf besser wissen, wann man nachts nach Hause kommt, als man selbst. Eigentlich wissen die anderen im Dorf immer alles viel besser, auch wenn die früheren Verteiler wie Bäcker Becker und die Metzgerei Keller dem großen Edeka und dem angrenzenden Aldi weichen mussten. (Der Metzger Gerth in Oberndorf hatte eh immer die bessere Mettwurst, muss man ja auch mal so sagen.) Die Solmser fahren zum Einkaufen (nicht Lebensmittel, alles andere) immer nach Wetzlar, das kennen sie nicht anders. Besonders, seit es in Wetzlar das neue Forum gibt, so eine Einkaufsarkade, die den Einzelhandel kaputtmacht. Das findet jeder doof und kauft trotzdem da ein, weil man die erste Stunde kostenlos parken kann, anders als in der Wetzlarer Altstadt, die übrigens recht apart ist, auch wenn Goethe sie richtig scheiße fand.
Zurück zu Solms, Burgsolms. Dort gibt es zwei bis drei Italiener, eine halbe Eisdiele, eine Videothek und einen Schuhladen mit Gesundheitsschuhen. Eine Drogerie, eine Apotheke, zwei Blumenläden (ein dritter auf der Grenze zu Oberndorf), noch ein paar andere winzige Geschäfte und sogar zwei bis drei Kneipen, in die man aber, wenn man unter fünfzig oder über fünfzehn ist, nicht gehen kann. Glaube ich. Dann gibt es noch zwei Kirchen, friedlich nebeneinander, und eine Gesamtschule. Einen Kindergarten. Nun, es gibt eine Menge in Burgsolms. Sogar eine Tankstelle und zwei Waschanlagen. Den erwähnten Edeka (oder war's Rewe?) und auch den Aldi. Eine Sternwarte, das ist nicht gelogen.
Vor allem gibt es aber eine Menge Menschen, die mich noch aus der Zeit kennen, als ich in Windeln von meinen Eltern im Kinderwagen durch den Ort geschoben wurde. Als ich noch rotblonde Zöpfchen mit Kirschhaargummis und Sommersprossen hatte. Als ich noch mit der verbeulten Milchkanne zum Bauern getapert bin und zwei Stunden brauchte, weil ich auf dem Heuboden mit den kleinen Katzen spielen musste, oder mit die neuen Kälbchen und Ferkelchen angeschaut hab. Als ich noch meine Pubertät mit Hilfe eines großen schwarzen Huts und anderer schwarzer Kleidungsstücke versuchte zu überleben.
Und da frage ich mich jedes Mal, ob das so eine gute Idee ist. Dann auch noch für drei Wochen.

Blick aus meinem Fenster. Kein Witz.

13 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

schön. ich mag dorfgeschichten. meine eltern und ich, seit monaten gehts darum, dass wir nach wetzlar fahren. mein vater hat irgendein haus irgendwas mit goethe aufgetan, und ich das europäische dingsdamöbelmuseum.
nach braunfels wollte er auch, aber da war ich ja erst.
wo ist der schöne park? den wollte ich mir noch mal anschauen.

*katzensprung

Anonym hat gesagt…

Drei Wochen in der hessischen Prärie, na da sei nur froh, daß Du nicht mit Nachnamen Marple heißt, ansonsten müßtest Du in dieser Zeit sicherlich mindestens einen Mordfall aufklären, der den Nähe-zur-Buchmesse-Vorteil wieder völlig zunichte machen würde. Wobei, wie mir gerade bewußt wird, natürlich auch der Name Heiland in dieser Hinsicht ein klein wenig berühmt-berüchtigt ist... *g* na ja, Du wirst das schon schaffen, Frauen sind ja im Gegensatz zu Männern multitaskingfähig... ;-)

Liebe Grüße

Henrike hat gesagt…

wegen agathe heiland? in der ard? produziert von lisa-film? der zufall will es, dass ich eine zeitlang für lisa-film gearbeitet habe, und schwupp, heißt die figur heiland mit nachnamen. es gibt schon fügungen...
oder wegen peter heiland? der zufall (diesmal ein anderer zufall) wollte es, dass ich vor kurzem mit dessen schöpfer beim italiener saß, an unterschiedlichen tischen, und der herr, mit dem ich gerade speiste, mit dem heilandschöpfer - äh - erfinder recht gut bekannt ist. war ausgesprochen lustig, als er mich vorstellte. ich musste meinen ausweis vorzeigen.

Anonym hat gesagt…

der erste kommentar war von mir.

anobella
*knurrt

Anonym hat gesagt…

ich liebe weilburg.
ja, ich meinte den park in braunfels.
und mein vater dieses lottehaus. oder das jerusalemhaus.

anobella

Henrike hat gesagt…

ich WEISS! warum knurrst du???

Henrike hat gesagt…

das jerusalemhaus? gegenüber von meiner alten musikschule? oder das, wo lotte gewohnt hat? (charlotte buff, der absolute lacher im deutschunterricht der mittelstufe.) möbel: meinst du das palais papius?
park: welcher park??? in braunfels ist einer unterm schloss, aber ich weiß nicht, ob du den meinst. in wetzlar gibt's das rosengärtchen. weilburg hat einen schönen schlosspark, vielleicht der? *grübel*

Anonym hat gesagt…

Also eigentlich spielte ich (der ich schon seit Jahren so gut wie kein Fernsehen mehr schaue und von Felix Huby bisher leider noch nichts gelesen habe *g*) mehr auf Deine Tätigkeit als Autorin von Kriminalromanen an, die ja letztlich auch darauf hinausläuft, daß man Verbrechen nicht nur plant, sondern auch aufklärt und wer weiß, vielleicht sogar ein wenig mehr als nötig in die Rolle seines Helden bzw. seiner Heldin schlüpft? Wobei ich ich in letzterer Hinsicht an die Erzählung "Umneys letzter Fall" von Stephen King denke, falls Du die kennst... ;-)

Henrike hat gesagt…

na super. jetzt hab ich alle kommentare durcheinandergepurzelt. egal.
wirklich braunfels? weilburg ist schöner. also der park.

Anonym hat gesagt…

frag doch mal andere googleblogger, wie man hier die kommentare in die sidebar legt.

anobella
*wird verrückt
**so k o m p l i z i e r t zu navigieren!

A.E. hat gesagt…

wie schön,
besuch in der heimat...
und alles schon metal-emotional aufgearbeitet.
lassen sie mal von sich hören

Henrike hat gesagt…

anobella, liebste, ich kann doch nicht SCHON WIEDER umziehen...
wird ebenfalls verrückt:
h.

albertsen hat gesagt…

Ich find dieses Blogger ja auch ein bisschen gewöhnunsbedürftig, aber ich bin da gestählt, von mir aus brauchst du nicht umzuziehen.

Toll finde ich ja diese Geschlechternamen: Solms-Hohensolms-Lich. Bei uns gab's mal Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Da brauchte man ne Ewigkeit, um sich vorzustellen wahrscheinlich.