Einer dieser Juraprofs von einer dieser Ruhrunis kann besonders gut Latein und ist auch besonders stolz darauf. Um besonders damit angeben zu können, also auch außerhalb seiner Vorlesungen, geht er besonders gerne Italienisch essen, um sich ganz antik seine Pizza zu bestellen. Jedes Mal, also wirklich jedes Mal erntet er Unverständnis, egal, bei welchem Italiener er sich versucht. Und jedes Mal, wirklich!, jedes Mal sagt er: „Was denn, sprechen Sie etwa nicht die Sprache Ihrer Vorfahren?“
Ich weiß nicht, wie gut sein Mittelhochdeutsch ist, aber wenn man es nicht gerade studiert hat, kommt man doch recht langsam voran mit dem Leseverständnis:
Ich sach mit mînen ougen
manne unde wîbe tougen,
daz ich gehôrte und gesach
swaz iemen tet, swaz iemen sprach.
Das ist aus dem Reichston von Walter von der Vogelweide. Der mit den Minneliedern, nicht wahr. Aber das klassische Latein, das der Herr Professor vermutlich beherrscht (es sei denn, er ist des Neulateinischen mächtig, das heute wohl noch aktiv, hm, im Vatikan gesprochen wird), das klassische Latein ist nun noch ein paar Tacken älter als unser Mittelhochdeutsch. Zeitlich wäre es dem Altdeutschen ein winziges bisschen näher (aber immer noch nicht ganz nah), und das klingt dann im Hildebrandslied ungefähr so:
Ik gihorta dat seggen,
dat sih urhettun ænon muotin,
Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuem.
sunufatarungo iro saro rihtun,
garutun se iro gudhamun, gurtun sih iro suert ana,
helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun.
Na? Wer kann’s übersetzen? Ohne Wörterbuch?
Klar, die Entwicklung der lateinischen Sprache war ja ganz anders, hingegen die Einflüsse auf die deutsche Sprache, die dialektalen Entwicklungen, Lutherbibel und so, ich weiß schon. Ich hab ja im Unterricht aufgepasst. Aber der nächste italienische Kellner, der sich diesen Unsinn anhören muss, sollte unbedingt mit ein paar Zeilen aus den Merseburger Zaubersprüchen oder so kontern, und wenn das zu schwer ist, das Palästinalied von dem guten Walter trällern – obwohl, das könnte politisch ein echtes Problem…
Schwierig.
Aber so in der Art. Und dann wäre ich gerne dabei, was Herr Professor so antwortet. Und in welcher Zunge. Und ob er sich dann über die geographischen Lautverschiebungen unterhalten will.
Freitag, September 07, 2007
Italienische Lebensart, Teil II, oder: Bildungsdünkel (irgendwo im Ruhrpott)
Eingestellt von Henrike um 11:00 PM
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen