Samstag, September 29, 2007

Lesung am Schauplatz: Kamminke


Der Nordkurier schreibt über die Lesung in Kamminke:

"Der Krimi ist aus mehreren Handlungssträngen aufgebaut. Heiland beginnt im Jahre 1936 in Königsberg, wo sie die Geschichte des jüdischen Mädchens Hannah und ihres Freundes Ernst erzählt, die durch die Flucht getrennt werden. In Zehnjahresschritten blendet sie immer wieder Hannahs Lebenslauf ein. Dann, im Jahr 2006, passieren ein Anschlag in Kamminke mit zwei Toten, ein mysteriöser Mord in Rostock, ein Selbstmord beim Polizeiverhör. Was anfangs ohne Zusammenhang scheint, bekommt nach und nach Kontur und läuft in einem großen Finale zusammen.
Die 32-Jährige hatte bei ihrer Recherche auch den Leiter der Anklamer Kriminalpolizei, Thomas Krense, konsultiert, um „Fragen technischer Art“ zu klären. Krense kam mit seiner Frau zur Lesung; sein Urteil freute die Autorin, denn Krense findet den Krimi „sehr spannend von der ersten bis zur letzten Seite.“ Zudem sei er toll recherchiert. Freuen konnte sich auch die Strandbuchhandlung Ahlbeck. Gut 30 handsignierte Exemplare des Krimis fanden ihre Abnehmer. Für den Leiter der Jugendbegegnungsstätte Golm, Nils Köhler, bietet der Krimi einen interessanten Anknüpfungspunkt für seine Arbeit. Etwa hinsichtlich des darin beschriebenen Rechtsextremismus oder innerfamiliärer Konflikte um Schuld und Verdrängung. Zudem bänden historische Rückblenden die Kriegsgräberstätte Golm und den Luftangriff auf Swinemünde geschickt mit ein." (Ganzer Artikel kostenpflichtig)

Die Ostseezeitung schreibt unter der Überschrift "Lebendige Geschichte über Usedomer Generationskonflikt":

"Sie war eine der wenigen Veranstaltungen dieser Art im Achterland und zudem sehr anspruchsvoll – die Lesung in der Jugendbegegnungsstätte am Donnerstag. Gastgeber Dr. Nils Köhler hatte die 1975 in Hessen geborene und jetzt als freischaffende Autorin in Berlin lebende Henrike Heiland eingeladen. Die gut besuchte Veranstaltung bewies reges Interesse an derartigen Events.
Heiland brachte ihr inzwischen drittes Buch mit dem Titel „Blutsünde“ mit. Für ihre Gäste, unter ihnen Kamminker und Interessierte aus Nachbarorten, schon deshalb spannend, weil Kamminke als Tatort für einen Mordanschlag ausgewählt wurde.
Es ist ein Roman mit unglücklichen Lebensläufen und einem sehr vielschichtigen Handlungshintergrund, der viel Konzentration abverlangt. [...]
Heiland hat den Handlungsort für dieses Kapitel sorgfältig ausgewählt und 2006 gründlich recherchiert. „Ich komme aus einer Gegend“, so die Autorin, „in der der Krieg nicht so schlimm gewütet hat.“ Eine alte Nachbarin in Berlin, deren Flucht zu Kriegsende über Swinemünde verlief, habe ihr über diese furchtbare Zeit erzählt und sie sehr inspiriert. Insofern sei der Handlungsort, so Nils Köhler, wegen seines konkreten geschichtlichen Bezuges genau der richtige." (Ganzer Artikel kostenpflichtig)

Henrike wird was gefragt

...von Aveleen Avide, und sie antwortet auch, meistens. Frau Avide verlost sogar ein Buch. Man muss nur dem Link folgen.

Mittwoch, September 26, 2007

Geschichtsfetzen

Früher bei KirchMedia war es schon immer der Brüller, wenn meine kleine Produktionseinheit über den Buchhaltungsflur in Richtung Kantine watschelte und wir Dinge sagten wie: „Was ist jetzt eigentlich mit der Hure und dem Kommissar?“ – „Ich fänd’s ja besser, wenn die vielleicht doch nicht heiraten.“ Oder: „Die Nonne wollte er dann doch nicht, war ihm irgendwie zu unsexy, so insgesamt.“ Oder: „Ist der Schneemann eigentlich schon in der Post?“ – „Ja, den schneiden wir seit gestern zusammen.“
Das macht alles viel viel Sinn, wenn man weiß, dass von Filmarbeitstiteln die Rede ist, und dass nicht die lustige Postpost gemeint ist, sondern die Postproduktion. Wer aber gerade aus irgendwelchen Personalabrechnungen auftaucht, muss erstmal das Gesagte sortieren. Ich erinnere mich an viele fragende Blicke.
Heute war ich mit einer Freundin beim Optiker, Brille aussuchen helfen. Auf dem Weg zum Optiker jammerte ich meine Freundin voll, mir fiele kein vernünftiges Ende zu einer Geschichte ein, und sie sagte, trocken wie immer: „Mach doch alle auf einen Haufen, und dann in die Luft jagen. Hamlet endet auch so ähnlich. Am Ende sind alle tot.“ Ich sagte: „Terroranschlag oder was?“ Sie meinte: „Passt doch prima, wenn’s heute spielt.“
Dann: Optiker, eine halbe Stunde Fassungen anprobieren. Und als die nette beratende Dame sich auf das Formularausfüllen konzentrierte, fiel meiner Freundin wieder ein: „Das mit dem Terroranschlag find ich gut. Das solltest du machen.“
Ich bin mir nicht sicher, aber es würde mich nicht wundern, wenn gerade jetzt in diesem Moment draußen vorm Haus eine ganze SEK-Einheit stünde.

Montag, September 24, 2007

Randgruppendiskriminierung (=Tagebuch eines Außenseiters)

Tankstelle Zehlendorf, nachts um eins.

Dramatis Personae:
Kunde 1-4, alle zu Fuß
HH, ebenfalls zu Fuß
Verkäuferin

Kunde 1 (stellt ein paar Bierflaschen hin): „Und dann noch ne Marlboro.“
Verkäuferin: „Die Roten?“
Kunde 1: „Klar.“
Verkäuferin: „Hmja. Macht dann achtsiebzich.“
Kunde 2 (stellt ein paar Bierflaschen hin): „Und dann noch ne Roth Händle.“
Verkäuferin: „Ohne?“
Kunde 2: „Klar.“
Verkäuferin: „Hmja. Macht dann siebensechzich.“
Kunde 3 (stellt ein paar Bierflaschen hin): „Und dann noch von dem Drum, achja, und Blättchen.“
Verkäuferin: „Filter auch?“
Kunde 3: „Klar, Filter auch.“
Verkäuferin: „Hmja. Macht dann neunfuffzich.“
HH (stellt eine kleine Flasche Cola light hin): „Und dann noch die Salzstangen hier.“
Verkäuferin: „Äh … ja …?“
Kunde 4 (klirrt mit seinen Bierflaschen, wispert): „Is ja pervers.“
Verkäuferin: „Das, äh, zweizwanzich wär das. Sonst nix?“
HH: „Nö.“
Verkäuferin: „Dann noch … ja, nen schönen … Abend, also Nacht, also …“
HH: „Gleichfalls.“
Kunde 4 (kopfschüttelnd): „Leute gibt’s …“

Samstag, September 22, 2007

Island, hinter Bayern gleich links

Letztens beim Berliner Bücherfest am Lübbe-Stand.


Dramatis Personae:
HH
Frau aus Bayern (ca. 55)

(Frau nimmt Heiland-Buch in die Hand und liest Klappentext.)
"Ach, interessiert Sie das Buch? Das spielt in Rostock, wenn Sie wollen, erzähl ich Ihnen ein bisschen..."
"Och nöööö, Rostock..."
"Is schön da, warn Sie schon mal...?"
"Nee, is so weit."
"Von Berlin aus? Zwei Stunden!"
"Ich komm doch aus Bayern!"
"Na gut, das is weit."
(Frau nimmt Islandkrimi in die Hand.)
"Ah, aber in Island waren Sie schon mal?"
"Nee, wieso?"
"Aber da gefällt's Ihnen?"
"Keine Ahnung..."
"Schöner als Rostock, hm?"
"Nee, also... äh... ich nehm dann mal da die Rostockkrimis, äh..."
"Na also. Geht doch."

Dienstag, September 18, 2007

Veranstaltungen mit Frau Heiland persönlich

(Foto: Norddeutsche Neueste Nachrichten)

27.09.07: Lesung "Blutsünde", Jugendbegegnungsstätte Golm, Dorfstraße 33, Kamminke (Insel Usedom). Beginn: 19:30.

10.-11.10.07: Frankfurter Buchmesse. Autorin am Lübbe-Stand 3.0 C142. Terminvereinbarung läuft über Frau Barbara Fischer von Lübbe.

21.10.07: Matineelesung zum Gallusmarkt mit Henrike Heiland ("Blutsünde") und Daniel Scholten ("Der zweite Tod"). Anschließend Diskussion und Werkstattgespräch. Schnitzler'sche Buchhandlung, Weißadlergasse, Wetzlar. Beginn: 11:00. Um Anmeldung wird gebeten unter 06441-45101.

26.10.07: Lesung "Blutsünde", Nacht der Bibliotheken, Stadtbücherei Plettenberg, Alter Markt 3, Plettenberg. Mit Musik und Imbiss. Dauer: ca. 3 Stunden. Beginn: 20:00.

30.10.07: Präsentation der Gewinner des Kurzgeschichtenwettbewerbs, Buchhandlung Weiland, Schwerin.

06.11.07: Lesung "Blutsünde", Waldstadtbuchhandlung, Saarmunderstraße 44, Potsdam. Beginn: 19:00.

WDR4 Buchtipp "Blutsünde"




"Wie ein Netz aus unglücklichen Lebensläufen erscheint die vielschichtige Handlung des Romans, den Sibylle Haseke heute im Buchtipp von WDR4 vorstellt. Vordergründig ein raffiniert erdachter Krimi, birgt dieses Buch gleichzeitig eine Fülle psychologischer Interpretationen und lädt ein zum Nachdenken oder gar zum Umdenken.

[...]

Die eigentliche Stärke des Romans liegt nicht ausschließlich in der spannend konstruierten Kriminalhandlung. Bedeutsamer erscheint das durchgängige Motiv von 'Weglaufen und Suchen'. Bei jeder der Figuren - sei es Mike, sein Uropa, der schweigsame Kommissar oder andere - trifft man auf große Unsicherheiten und Sehnsüchte, die sie von klein auf mitgeschleppt haben. Mangelndes Verantwortungsgefühl, fehlendes Verständnis und Überforderung bei den Eltern haben die Kinder verschiedener Generationen haltlos werden lassen.

Sie sind hin und her gerissen zwischen dem Wunsch nach Zugehörigkeit einerseits und der Ablehnung der eigenen Vergangenheit andererseits. Manchmal endet die Suche nach dem Sinn des Lebens in extremen Ideologien und Fanatismus, manchmal auch in Passivität und manchmal in einer permanenten Flucht vor sich selbst. Dass der beste Weg darin liegt, nichts mehr zu verdrängen, sondern offen mit sich und seinen Sehnsüchten umzugehen, das versucht dieses Buch zu thematisieren. Ein Krimi mit Tiefgang also, der neben Spannung und gekonnter Verschachtelung unterschiedlichster Schicksale großes psychologisches Gespür besitzt."

Hier der ganze Text.

Montag, September 17, 2007

Beim Arzt, Fortsetzung

„Herr Heiland, bitte.“
„Äääh, geht auch Frau Heiland? Sie meinen bestimmt …“
„Nee, jetzt ist erst der Herr Heiland dran.“
(wartet ein paar Sekunden) „Herr Heiland?“
„Sie meinen bestimmt mich.“
„Sie sind doch kein Mann!“
„Das weiß ich auch, aber …“
„Herr Henrik Heiland, bitte!“
„Das bin ICH! Also, HenrikE! Nicht Henrik!“
(Zögert) „Na gut, ausnahmsweise können Sie schon mal rein. Aber nur, weil der Herr Heiland wahrscheinlich gerade auf dem Klo ist. Sind Sie eigentlich mit ihm verheiratet?"

Mann im Ohr

Dramatis Personae:
Sprechstundenhilfe Frau A. (ca. 45)
Polnischer Bauarbeiter Herr B. (ca. 35)
HH mit Ohrgeräusch

HH: „Tach, hier ist schon mal mein Kärtchen… Ich hab da im linken Ohr so ein …“
(Telefon klingelt)
A: „Momentchen, ich geh mal schnell … Praxis Dr. X? Ja? Genau. … Name?“
B: „Botschweski.“
A: „Vorname?“
B: „Karol.“
HH: „Sie meint nicht Sie, sie telefoniert doch gerade.“
B: „Ach so. Warum fragt sie mich dann?“
HH: „Sie fragt nicht Sie. Haben Sie das Telefon denn nicht gehört?“
B: „Ich dachte, das ist in meinem Ohr!“
HH: „Aaaaaah … Aber Sie sehen schon, dass sie einen Hörer in der Hand hat und reinspricht, ja?“
A (noch am Telefon): „Und Sie hören Geräusche im Ohr. Was sind das für Geräusche?“
B: „Doch! Doch! Sie spricht mit mir! Woher weiß sie denn sonst, dass ich Geräusche im Ohr habe?“
HH: „Sie telefoniert mit jemandem, der auch Geräusche im Ohr hat. Ich hab zum Beispiel auch welche. Das hier ist nämlich ein Ohrenarzt!“
B: „Aber…“
A (noch am Telefon): „Ach so, Stimmen! Sie hören Stimmen im Ohr!“
B: „Nein ich hör keine Stimmen!“
HH: „Also echt jetzt! Sie meint immer noch nicht Sie! Außerdem bin ich eh vor Ihnen dran!“
A (noch am Telefon): „Hören Sie die Stimmen immer oder nur wenn Sie telefonieren? ... Na was weiß ich, hätte ja sein können! Weil, die Stimme jetzt, das bin ich! (kichert) ... Na, ich weiß nicht, ob Sie bei uns so richtig sind … Aber na gut, dann kommen Sie gleich mal vorbei. Ja, genau, heute noch.“
B: „Komm ich schneller dran, wenn ich sage, dass ich Stimmen im Ohr höre?“
HH: „Ich fürchte, ICH komme schneller dran, wenn Sie das sagen.“
B: „Na gut dann nicht.“
A: „Wer war jetzt der nächste? Frau Heiland, richtig?“
B: „Sie hört Stimmen im Ohr. Komm ich jetzt dran?“

Dienstag, September 11, 2007

Wissen, dass man alt ist

Zehlendorf, Teltower Damm, an der Ampel.

Dramatis Personae:
17jähriges Mädchen A
17jähriges Mädchen B
HH

A: "Ey und da gibt's sone Band, voll krass, die heißt Nirvana!"
B: "Echt jetzt? Sind die neu oder was?"
A: "Weiß ich nicht, aber voll der coole Song, Smells like... irgendwas."
HH (mischt sich ungefragt ein): "Teen Spirit. Smells Like Teen Spirit."
A: "Was echt, Sie kennen die?"
HH: "Klar. Nirvana, Kurt Cobain..."
B: "Wer is das jetzt wieder?"
HH: "Der Sänger. Son Blonder. Hat sich erschossen vor... äh... dreizehn Jahren oder sowas. Da hab ich grad Abi gemacht."
A&B: "Krass!"
HH: "Was, dass er sich erschossen hat?"
A: "Nee, dass das Zeug schon so uralt ist! Ich dachte, das wär'n neuer Song und so!"
HH: "Ah. Ja. Klar. Danke, also."

Hausmänner (angehende)

Dahlem, ein Fußweg

Dramatis Personae:
16jähriger Junge A
16jähriger Junge B
beide auf Fahrrädern

A: "Doch, das ist prima. Das kannst Du Dir auch kochen!"
B: "Ich hab da schon mal drüber nachgedacht... Aber auf den Dreh wär ich echt nicht gekommen, das ist ja genial!"
A: "Und schmeckt richtig klasse! Hätte ich erst auch nicht gedacht."
B: "Ja, da denkt man doch, das ist voll pappig und matschig..."
A: "Ist es aber nicht. Ich mach das jetzt übrigens immer."
B: "Du, dann koch ich mir das jetzt auch mal."
A: "Ich will schon gar nichts anderes mehr."
B: "Glaub ich Dir. Unbesehen. Also sag noch mal genau: zwei Minuten in der Mikrowelle?"
A: "Aber erst abkühlen lassen."
B: "OK. Geht das eigentlich mit jeder Pizza oder nur mit der von dem Alfonso?"
A: "Weiß ich nicht. Ich bestell ja nur bei dem Alfonso."
B: "Gut. Erst abkühlen lassen und dann zwei Minuten in die Mikrowelle."
A: "Schmeckt super."
B: "Genial. Koch ich mir gleich nachher."
A: "Schon geil, wenn man kochen kann."


Foto: (c) Henrik Jordan

Sonntag, September 09, 2007

Persönlicher Nachtrag

Bitte unterstützt Initiativen wie "Kein Bock auf Nazis", und wenn es nur durch Eure Stimme ist. Anders wird das sonst nichts mit der Aufklärung in diesem Land.
Eine kleine persönliche Erfahrung aus meiner Jugend auf dem Lande vor fast schon zwanzig Jahren (verdammt, bin ich alt!): Ich wurde, als ich ungefähr vierzehn war, von ziemlichen Hohlrollern, die sich Glatzen rasiert und Hakenkreuze auf ihre Bomberjacken gemalt hatten, mit einem Messer angegriffen. Mir war der Missmut wohl zu deutlich anzusehen. OK, vielleicht sollte man in dem Alter als Mädchen und wenn man alleine unterwegs ist auch einfach die Klappe halten, kann schon sein.
Jedenfalls wurde die Polizei eingeschaltet. Sie zeigten mir Fotos von örtlich bekannten Punks.
Aha.
Als ich vorsichtig darauf hinwies, dass ich es ganz offensichtlich mit der anderen Seite zu tun gehabt hatte, bestellte der ermittelnde Kommissar meine Eltern zum Gespräch und fragte sie, warum das Töchterchen aus gutem Hause denn so exzellent über den Unterschied zwischen Links und Rechts informiert sei.
Tja.
Der Herr Kommissar war wohl ein erklärter Gegner von politischer Bildung vor Erreichen der Volljährigkeit. Klar, mit achtzehn weiß man ja dann auch automatisch, wen man wählen soll.
Ich hoffe, dass die nachwachsende Jugend immer noch den Unterschied zwischen Links und Rechts kennt, sich informiert und für das Richtige entscheidet. Das muss nicht unbedingt immer FÜR etwas sein, ich bin kein Freund von Parteien. Aber in diesem Fall ganz unbedingt GEGEN.

Aus gegebenem Anlass...

...- und der wäre Frau Herman - finde ich es an der Zeit, sich mal wieder näher mit dem Thema der Vergangenheitsbewältigung und wie sie garantiert nicht funktioniert (NPD!!!) zu beschäftigen. Einen guten Überblick gibt die Internetpräsenz der Initiative "Mut gegen rechte Gewalt".
Wer mehr über den relativ neuen Neonaziladen in Rostock erfahren und wissen will, was man gegen diesen Unsinn unternehmen kann, der schaut bitte bei der Initiative "Endstation Rechts" vorbei.
Auf MySpace.de gibt es auch einige viele Organisationen gegen Rechts, die man dort zumindest virtuell unterstützen kann. Man findet sie ganz gut und praktisch in der Freundeliste der Beatsteaks.
Ich hoffe, mit meinem Buch "Blutsünde" auch ein paar Denkanstöße geben zu können.
Sehr ans Herz legen möchte ich auch die Initiative "Kein Bock auf Nazis".
Nichts, Frau Herman, aber auch gar nichts, was aus dem Dritten Reich kommt, darf gut geheißen werden. Sie verkennen den Kontext, wenn Sie es trotzdem tun, und Sie schaden nur sich selbst und Ihren angeblichen Idealen, denn Sie haben gerade das Konzept "Familie" in die rechte Ecke gestellt. Herzlichen Glückwunsch. Wie dumm kann man sein.

Freitag, September 07, 2007

Italienische Lebensart, Teil II, oder: Bildungsdünkel (irgendwo im Ruhrpott)

Einer dieser Juraprofs von einer dieser Ruhrunis kann besonders gut Latein und ist auch besonders stolz darauf. Um besonders damit angeben zu können, also auch außerhalb seiner Vorlesungen, geht er besonders gerne Italienisch essen, um sich ganz antik seine Pizza zu bestellen. Jedes Mal, also wirklich jedes Mal erntet er Unverständnis, egal, bei welchem Italiener er sich versucht. Und jedes Mal, wirklich!, jedes Mal sagt er: „Was denn, sprechen Sie etwa nicht die Sprache Ihrer Vorfahren?“
Ich weiß nicht, wie gut sein Mittelhochdeutsch ist, aber wenn man es nicht gerade studiert hat, kommt man doch recht langsam voran mit dem Leseverständnis:
Ich sach mit mînen ougen
manne unde wîbe tougen,
daz ich gehôrte und gesach
swaz iemen tet, swaz iemen sprach.
Das ist aus dem Reichston von Walter von der Vogelweide. Der mit den Minneliedern, nicht wahr. Aber das klassische Latein, das der Herr Professor vermutlich beherrscht (es sei denn, er ist des Neulateinischen mächtig, das heute wohl noch aktiv, hm, im Vatikan gesprochen wird), das klassische Latein ist nun noch ein paar Tacken älter als unser Mittelhochdeutsch. Zeitlich wäre es dem Altdeutschen ein winziges bisschen näher (aber immer noch nicht ganz nah), und das klingt dann im Hildebrandslied ungefähr so:
Ik gihorta dat seggen,
dat sih urhettun ænon muotin,
Hiltibrant enti Hadubrant untar heriun tuem.
sunufatarungo iro saro rihtun,
garutun se iro gudhamun, gurtun sih iro suert ana,
helidos, ubar hringa, do sie to dero hiltiu ritun.
Na? Wer kann’s übersetzen? Ohne Wörterbuch?
Klar, die Entwicklung der lateinischen Sprache war ja ganz anders, hingegen die Einflüsse auf die deutsche Sprache, die dialektalen Entwicklungen, Lutherbibel und so, ich weiß schon. Ich hab ja im Unterricht aufgepasst. Aber der nächste italienische Kellner, der sich diesen Unsinn anhören muss, sollte unbedingt mit ein paar Zeilen aus den Merseburger Zaubersprüchen oder so kontern, und wenn das zu schwer ist, das Palästinalied von dem guten Walter trällern – obwohl, das könnte politisch ein echtes Problem…
Schwierig.
Aber so in der Art. Und dann wäre ich gerne dabei, was Herr Professor so antwortet. Und in welcher Zunge. Und ob er sich dann über die geographischen Lautverschiebungen unterhalten will.

Mittwoch, September 05, 2007

Italienische Lebensart (Rostock)

„Entschuldigung, ich dachte, ich hätte eine Lasagne bestellt?“
„Das ist eine Lasagne.“
„Nein, nein, Sie verstehen nicht. Ich hab eine Lasagne Classico bestellt. Das da auf meinem Tisch hat mit Classico nichts zu tun.“
„Doch, das ist unsere Lasagne Classico.“
„Aber wieso schwimmt sie?“
„Wieso, schwimmt sie?“
„Ja, da! Ich hab noch nie eine Lasagne schwimmen sehen! Nein, nicht bewegen, sonst schwappt alles über.“
„Ach so, ja. Das ist wegen der Sahne.“
„Wegen der Sahne??“
„Ja. Deshalb ist das so flüssig.“
„Die Lasagne ist flüssig wegen der Sahne??“
„Ja. Wir machen sie mit Sahne. Viele Leute mögen sie so. Damit sie nicht so trocken ist.“
„Lasagne ist normalerweise nicht trocken, auch, wenn sie nicht in Sahne schwimmt! Das ist außerdem keine Sahne, das riecht nach Gemüsebrühe.“
„Aber die meisten Leute finden das gut.“
„Wenn die Lasagne in Sahnegemüsebrühe schwimmt?“
„Nein, wenn die Lasagne nicht so trocken ist.“
„Aber zwischen nicht so trocken und wegschwimmen ist noch Spielraum, oder?“
„Also, normalerweise finden das die meisten Leute ganz gut so.“
„Schwimmende Lasagne.“
„Ja.“
„Die meisten.“
„Ja.“
„Aber ich nicht.“
„Ja.“
„Und jetzt?“
„Keine Ahnung.“
„Kann ich eine neue haben oder schwimmt die dann auch?“
„Die schwimmt auch.“
„Das heißt, ich fang dann jetzt einfach mal an und trinke meine Lasagne aus oder wie?“
„Ich kann Ihnen auch einen Löffel bringen, dann müssen Sie sie nicht trinken.“

Samstag, September 01, 2007

Kafka zu Besuch

Ein Blick in die Nutzungsstatistik der eigenen Homepage ist manchmal Anlass zur Verwunderung: bundestag.de zum Beispiel. Was macht ein Mitglied des Bundestags auf meiner Seite? Handelt es sich um heimliche Krimileser mit Urlaubsziel Ostsee, die während einer langweiligen Debatte mal schnell auf meinen Leseproben rumsurfen? Oder, vermutlich wahrscheinlicher, hat jemand den Praktikanten nach „RAF“ und „Andreas Baader“ googeln lassen? Ich sollte vorsichtiger mit meinen Themen sein… Jedenfalls, gerade in Zeiten des Bundestrojaners machen einen bestimmte Adressen nicht sonderlich glücklich. Und wenn man dann – so als Freiberufler, mit der dauerhaften Panik im Nacken, wo denn das nächste Geld herkommt – auch noch sieht, dass sich jemand von arbeitsamt.de auf der Seite herumgetrieben hat… Verdammt, das Arbeitsamt??? Was wollen die von mir? Bin ich arbeitslos und weiß nichts davon? Will man mir einen Azubi andrehen? Oder mich, mal wieder, als technische Übersetzerin weitervermitteln, obwohl ich gar nicht arbeitslos gemeldet bin, in dieser Profession schon gleich dreimal nicht?
Das Arbeitsamt birgt Grauen und Unsicherheit. Es ist ein undurchdringliches Geflecht an unlogischen Entscheidungen und unvorhersehbaren Ereignissen. Ich schrecke noch heute im Schlaf nach dem Arbeitsamtalbtraum hoch, und es ist immer wieder derselbe: Januar, es schneit, die Straßen sind so grau und trostlos wie die Gänge der Behörde. Ich bin auf dem Weg zu einem Dreh.
„Frau Heiland, Krüger hier vom Arbeitsamt München, Sie können dann im August zur Schulung kommen.“
„Was für eine Schulung?“
„Das ist eine Schulung zum Thema wie man sich richtig bewirbt. Die ist im August für Ihren Bereich.“
„Was für ein Bereich??“
„Akademiker… Moment… Naturwissenschaftler. Genau.“
„Ich BIN kein Naturwissenschaftler!“
„Aber hier steht doch: Forschungsstipendium. In Ihrem Lebenslauf.“
„Ja, für Literaturwissenschaften! Das ist ein bisschen was anderes.“
„Und warum sind Sie dann in diesem Bereich gemeldet?“
„Ich bin gar nicht gemeldet! Ich bin grad auf dem Weg zur Arbeit!“
„Das kann nicht sein. Hier steht’s. Ihr Name und Ihre Telefonnummer. Bei mir sind Sie als arbeitsloser Naturwissenschaftler, gemeldet im Bereich 27.“
„Nein!!! Das kann nicht sein, ich bin doch… Ich hab doch…“
Aha. Und da kommt dann die Stelle, an der ich aufwache! Man weiß ja nie! Plötzlich, über Nacht, was da so alles, nicht wahr.
Gestern waren sie wieder auf meiner Seite, die grauen Menschen vom Arbeitsamt. Wer weiß, was Sie sich diesmal ausdenken. Eine Fortbildung für Elektroingenieure? Wo es Ihnen doch egal ist, ob ich gemeldet bin oder nicht, und was ich kann oder nicht.
Vielleicht aber, und das ist meine einzige Hoffnung an diesem Tag, vielleicht vertreibt sich nur ein Sachbearbeiter seine Zeit an so einem Freitagvormittag, während die Zahnarzthelferinnen mit den Nummern in der Hand auf dem Flur auf ihre Umschulung zur 3-D-Graphikerin warten.