Freitag, August 01, 2008

Recherchereise

Lüdenscheider Stadtführer S
HH


S: So, wir haben die schönsten Ecken von unserem historischen Lüdenscheid gesehen! Jetzt kennen Sie sich bestens aus!
HH (schaut auf die Uhr): Das ging ja schnell.
S: Die Altstadt, die hat man ganz kompakt …
HH: Weiß nicht. Irgendwie fehlt mir da noch was. (zückt Notizbuch)
S: Kann ich denn noch was für Sie … Ich wüsste aber eigentlich nicht, was wir uns noch …
HH (liest): Also. Ich müsste von Ihnen wissen: Wer wohnt wo. Die Reichen, die Armen, die Arbeiter, die Spießer, die Alten, die Jungen, die Lehrer, die Kirchengänger … Da muss ich einfach alles wissen. Ganz normale Wohngegenden.
S: Ach so, aber touristisch ist das nicht so …
HH (unterbricht): Dann würde ich mir gerne noch die Autobahnraststätte ansehen, dahinter gab es wohl mal eine Müllhalde, was ist jetzt damit, kann man da einfach eine Leiche abladen oder wie sieht das aus, und dann noch den Stausee, ich muss wissen, ob man da gut wen umbringen kann.
S: Ähm …
HH (redet weiter): Einsame Parkplätze wären noch klasse, so ein bisschen außerhalb, gibt’s da vielleicht so typische Treffpunkte für die Dorfj… äh, Stadtjugend? Wo gesoffen und geknutscht wird?
S: Also da weiß ich jetzt wirklich nicht, ob …
HH (erklärt): Ich hab da so zwei, drei mögliche Plots im Kopf, und die muss ich jetzt einfach überprüfen. Auch so vom Gefühl her. Könnten wir uns zum Beispiel mal ein paar Minuten einfach nur da auf den Platz setzen? Und dann noch mal ein paar Minuten vors Rathaus? Einfach nur Leute ankucken? So ne Art Atmo brauch ich.
S: Atmo ...
HH (unbeirrt): Ach ja und die Kneipen, das wär auch gut, wenn ich wüsste, wer geht wohin, was ist gerade angesagt. Eventuell könnten wir auf das ein- oder andere Dorf im Umland rausfahren, das würd ich mir auch mal atmosphärisch gern anschauen, ach, und was noch super wäre, wenn Sie mir zeigen könnten, wo diese ganzen Lichtfabriken sind. Und die Lichtinstallationen müssten wir dann nach Einbruch der Dunkelheit ablaufen.
S (schwitzt): Dunkelheit …
HH: Haben Sie keine Zeit? Die von der Stadtbücherei haben gesagt, ich darf Sie so lange beanspruchen, wie es nötig ist.
S: Ich... ruf mal meine Frau an und sag ihr, dass ich dieses Wochenende nicht zum Essen komme.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Moinsen,
sollte das nicht eine Kurzgeschichte werden, Frau Heiland,
Gruß
Chris

Henrike hat gesagt…

man muss halt wegen der atmosphäre so richtig eintauchen! das ist beim lokalkrimi wichtig! und wie gesagt, bei zwei, drei möglichen plots (von denen es dann der vierte wurde) ...

krimiblog hat gesagt…

Genau. So eine Kurzgeschichte ist Arbeit. Und Sie werden nicht sagen können, dass es sich nicht gelohnt hat, nicht wahr, Frau Heiland?

Herausgeber K.

Henrike hat gesagt…

natürlich hat es sich gelohnt! :)