Nirgendwo in Berlin wird es einem leicht gemacht mit dem Einkaufen. Tod’s am Ku’damm ist keine Ausnahme. Die verkaufsfeindliche Gesinnung ist auch nach Brandenburg übergeschwappt (schwappt Gesinnung?), zu Leonardo im Sterncenter zum Beispiel. Was ich bei Leonardo im Sterncenter mache? Mein Nachbar, der Hauswart, hatte Geburtstag, und wir hatten so eine Idee, wir alle, ihm eine Art zweite Aussteuer zu kaufen. Das ist im Grunde eine lange Geschichte, aber jetzt geht es um die Verkaufshaltung der Verkäufer in Berlin-Brandenburg. Jedenfalls, Leonardo. Ich habe einen Auftrag, viel Geld, weil wir ja zusammengelegt haben, und kaufe den halben Laden. Bitte den Verkäufer, für den ich mit Sicherheit die erste zahlende Kundin des Tages, wenn nicht der Woche war (Samstag Abend 20 Uhr), all dieses Zeugs geburtstagsgerecht zu verpacken.
Er macht ein leidendes Gesicht. „Das alles?“, fragt er schwermütig, und ich erkläre ihm ein bisschen, wie das so ist mit Geburtstagsgeschenken und wenn man sie in anderen Geschäften kauft. Ich sage nicht: in westdeutschen Geschäften, wahrscheinlich stimmt das nämlich auch gar nicht mehr und es ist nur alberne Verklärung meinerseits. „Das alles?“, wiederholt er, diesmal mit einem tiefen Seufzer, und er schafft es sogar, ganz grau im Gesicht zu werden. Wenigstens bruchsicher, weil, Glas, bitte ich und wedle mit der goldenen Kreditkarte, die ihn überhaupt nicht beeindruckt. Am liebsten würde er nämlich den ganzen Tag nur hinter seiner Theke sitzen und an die Wand starren.
Er packt schließlich bruchsicher ein, in einer Geschwindigkeit, die mich ganz krank macht, weshalb ich sage, ich gehe noch mal woanders einkaufen. Ich drücke mich ungefähr eine Stunde in Geschäften herum, die ich sonst nie betreten würde, und als ich zurückkomme, packt er immer noch. Mittlerweile mit entschlossener Sturheit im Blick. Was mit der aus dem Nichts aufgetauchten Neukundschaft zu tun haben könnte. Die Herrschaften sehen für eine halbe Sekunde so aus, als wollten sie etwas kaufen, doch da er den Blick nicht hebt und jede ihrer Fragen ignoriert, gehen sie wieder. Er hasst wirklich seinen Job.
Genau wie die Frau im Breeladen gleich beim Hackeschen Markt. Sie kommt erst gar nicht aus dem Hinterzimmer raus. Ich stapfe auf und ab und klappere mit den Absätzen, sie bleibt in ihrem Hinterzimmer. Ich rufe, sie lässt sich Zeit, und als sie endlich erscheint, möchte ich mich entschuldigen und fragen, ob ich sie gestört habe, so schaut sie mich an. Ich frage nach laptopfreundlichen Taschen. Sie erklärt, leidend: „Da gehen alle!“ Ich nehme eine winzige winzige Handtasche und sage: Ah, dann nehm ich doch gleich die hier?! Schwerfällig nennt sie ein paar Farben und Materialien, die verfügbar wären, und ich habe kein Mitleid, ich lasse sie jede einzelne Tasche mit dem Zentimetermaß ausmessen, bis ich mich für die entscheide, die ich sowieso von Anfang an wollte. Zwischendurch telefoniere ich sogar noch, und sie muss warten, ich bin ja die Kundin. Erst gegen Ende wird sie ein bisschen freundlich, seltsamerweise nachdem ich erkläre, dass ich nicht etwa mit einem Fahrrad, sondern mit einem Auto unterwegs bin. Das findet sie so unfassbar, so ichweißnichwas, dass sie glatt das Plaudern anfängt, aber da habe ich das Interesse schon wieder verloren und gehe, mit der Tasche, ohne Auf Wiedersehen.
In vier Wochen wohne ich wieder in Westdeutschland. Mal sehen.
2 Kommentare:
aber das wetter in hh ist b r u t a l ... sonst spricht nix gegen hh ...
*liest sich wieder ein
**kann nicht verpacken
***umwickelt großräumig mit wie-heißen-die-goldenen-decken-aus-
dem-erste-hilfe-kasten?
Das nächste Mal, wenn du eine Laptop-Tasche kaufen willst, geh zu Crumpler! Da wirst dann zwar von hippen Skatern bedient, die doch konsequent siezen, wenn du sie duzt, aber dafür beraten sie prima. Aber andererseits rediuzieren sich meine Erfahrungen auf Westdeutschland...
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