Mittwoch, Februar 13, 2008

Space Dog

Nachdem wir schon seit gut zwei Stunden durch nächtliche Dahlemer Villenstraßen stapfen und uns überlegen, welche Villa wir gerne hätten, wenn wir mal groß sind, finden wir einen Hund. Er ist weiß und hat so ein pudeliges Fell, ist aber kein Pudel. Irgendwie ist er viel komischer gebaut als ein Pudel, ja, sieht irgendwie noch komischer aus. Und teuer. Der Hund sieht teuer aus. Bestimmt hat er schon Hundeausstellungen gewonnen. Ich finde ihn trotzdem hässlich und will ihn stehen lassen, aber er läuft uns glücklich hinterher. Außerdem mag A. Hunde. Sie hat selbst einen, den sie immer hinter sich her zerrt, wenn wir nachts durch Dahlemer Villenstraßen stapfen und uns überlegen, welche Villa wir gerne hätten, wenn wir mal groß sind. Aber A.s Hund hat noch keine Hundeausstellung gewonnen und sieht eher aus wie ein goldenes Langhaarferkel, besonders, wenn er anfängt, hinter eingebildeten Stöckchen herzugaloppieren. Jedenfalls, das weiße pudelige Ding mag uns und folgt uns, und außer uns ist eigentlich niemand zu sehen. Wir gehen hundert Meter in jede Richtung und suchen Herrchen, Frauchen oder sonstwas. Wir rufen auch in die Vor- und Hintergärten nach etwaigen Besitzern dieses seltsamen Tiers, das nun anfängt, alle fünfzig Zentimeter sein Revier zu markieren. Dabei hebt das Ding nicht etwa das Beinchen wie alle anderen Hunde, nein, es macht dazu einen ballettartig anmutenden Hundertachtziggradwinkel, ohne umzukippen. A.s Köter staunt nur. A.s Köter kann eigentlich nur das Hinterteil einknicken, oder die Pfote vielleicht so drei Zentimeter über den Boden heben. Vielleicht ist das weiße, gekräuselte Ding ja auch gar kein Hund.

A. findet eine Telefonnummer am Halsband. Wie es sich für ein teures Ausstellungstier gehört, ist es markiert und hat eine Rücksendeadresse. Die ist bei dieser Telefonnummer hinterlegt, erklärt A. Also rufe ich an. Die Nummer beginnt verdächtig mit 061, mir schwant fürchterliches, wenn nicht gar hessisches, und tatsächlich komme ich in Hattersheim raus. Vom Hessischen schwirrt mir augenblicklich der Kopf, es ist wie eine ungewollte Rückfahrkarte in eine ungewollte Kindheit. Ich erkläre die Misere mit dem komischen Ding, das uns hinterherläuft, und die Frau am anderen Ende der Leitung erklärt: Guggese dochemal uff de Rückseit vo dem Metallmärksche, da is so e Nümmersche reingeschtanzt, des lese Se mir emal vor, gell. Dann könnemer des Tiersche gleisch einsortiern.

Einsortieren. Wir versuchen, das Ding wieder einzufangen und das Nümmersche herauszufinden, aber das Ding mag uns offenbar nicht mehr, es verschwindet einfach in einem der Villengärten. Ei, des is awwer blöd, sagt die Frau in Hattersheim, und aus dem dunklen Garten hören wir es husten. Der Besitzer ist aufgetaucht, erkläre ich und lege auf. Der Besitzer klemmt sich sein Ausstellungsding unter den Arm und verschwindet im noch dunkleren weil tatsächlich unbeleuchteten Haus. Das Ganze hat etwas Unwirkliches. Ich versuche, das Hessische aus dem Ohr zu bekommen, und wir zerren A.s Köter weiter mit uns durch die nächtlichen Dahlemer Villenstraßen. Ich habe so meine Zweifel, ob es das in Blankenese auch alles geben wird.

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

daraus jetzt eine schauergeschichte machen. dir läuft in dahlem ein hund über den weg mit einer obskuren telefonnnummer auf dem halsband, die dich mit dem nachbarort deiner heimatstadt verbindet ... und dann immer geheinmisvoller machen.

Anonym hat gesagt…

Planst du jetzt etwa schon die nächste Krimiantho? Brauchst du noch einen deftigen SEXKURZKRIMI (Kurzsexkrimi?).

frägt ja nur:
dpr

Henrike hat gesagt…

viiiiel interessanter: habe lauter empörte mails aus hessen bekommen, ob es denn so dringend notwendig sei, meine alte heimat zu verleugnen. sehr geehrte hessen, hier geht es um comic perspective, wie john vorhaus so schön sagt, da gehört sowas schon mal dazu! wenn ich verleugnen wollte, würd ich ja behaupten, ich sei in frankfurt geboren, in münchen aufgewachsen, in bochum zur schule gegangen und hätte die ein dorf von innen gesehen.
*seufzt
**fühlt sich unverstanden

Henrike hat gesagt…

nie, nicht die.

Anonym hat gesagt…

lieber dpr,

1) du kannst "dpr" unter name/anonym eingeben

2)ich plane keine neue antho ...

dein sexkurzkrimi war in der antho SEHR willkommen, weil henrike und ich ja eher intellektuell sind ...

Henrike hat gesagt…

isch bin awwer net interdingsda! des verbitt isch mir!

Anonym hat gesagt…

Ja, ja, die intellektuellen Mädels von der Höheren-Töchter-Schule. Und der Genre-Prolet als Feigenblatt.

bye
dpr

Anonym hat gesagt…

*herzen dich

Anonym hat gesagt…

gute idee, auf twoday zu wechseln. da ist dieses dislozierte "hat gesagt" weg ...

*knurrt

A.E. hat gesagt…

des mit dem hessisch verleuschne' kann ja eh nur kokedderie sein;
wer sei midelhessisch' hüschellandschaft in jedem zwode beitrach einbaut, hadse doch gans fest ins herzsche inngebaud, gelle ?! ;~D

Henrike hat gesagt…

ei sischer! un die leut sowieso, gelle!!! :)