Dienstag, Januar 15, 2008

Klute

Einst offiziell Britain's Worst Nightclub, aber wir gingen trotzdem hin. Die anderen Clubs waren zwar offiziell besser, aber eben nicht wirklich gut, daher mittelmäßig. Und wenn man die Wahl zwischen Mittelmaß und einem Titelgewinner hat, nimmt man den Titelgewinner. Auch bei diesem Titel. Aber wir waren nur zwei, drei Mal da, glaube ich, bis wir uns entschieden, die Wochenenden in Newcastle (zu unserer Zeit offiziell die Stadt in England mit dem best nightlife) und dann in Edinburgh zu verbringen. Man hat es schon schwer als Student, nicht wahr.
Um Einlass in Klute zu erhalten, musste man gefühlte fünf Stunden anstehen. Selbst bei empfindlichen Minustemperaturen oder strömendem Regen stand man an, weil alle anstanden und sich niemand vom Wetter beeindrucken ließ. England, ja. Und drinnen, ach, wenn man erstmal drinnen war, da gab es - unten irgendwas und oben auch irgendwas, und irgendwo konnte man Getränke, es war halt wie überall sonst so. Sie spielten nur die schlechteste Musik, und die immer wieder. Abba bis zum Erbrechen, nur dass sich niemand wegen der Musik erbrach, sondern wegen der legendären Mengen Alkohols. A. und ich, wir standen und staunten über die Kommilitonen, die wir bisher nicht anders als zurückhaltend und reserviert kennengelernt hatten. Nun fielen sie übereinander her, rissen an ihrer Kleidung und schlitterten - teils mit dem Kopf zuerst - über die Tanzfläche, nur gebremst durch die Eimer, die man dort postiert hatte, weil es manchmal durchs Dach regnete. A. und ich, wir mussten uns setzen, es war doch erstaunlich. Wir saßen auf der Treppe, die zu den Ladies und Gents führte, und wir fanden heraus, dass die englischen Mädchen nicht nur keine Strumpfhosen trugen, oder vielmehr, warum sie keine trugen, denn unter den Strumpfhosen, die sie nicht trugen, war auch nichts Tragenswertes. "Damit es schneller geht", erklärte mir A., und ich machte große Augen, in erster Linie über meine eigene Naivität. Lange saßen wir nicht mehr, denn eines der Mädchen verschüttete auf der Treppe sein Bier und rutschte aus. Wir wurden von beidem unsanft getroffen, und auch die fünfte Wiederholung (in Folge) eines Robbie Williams-Songs hielt uns nicht auf.
A. überredete mich, nach Newcastle zu fahren. Auf dem Weg zum Auto kletterten wir über den ein oder anderen Rugbyspieler, in Poloshirt und kurzen Hosen (im November), der auf allen vieren über das Kopfsteinpflaster kroch und sich übergab. Ein anderer, ebenso gewandet, hielt sich an einem Feuerhydranten fest und weinte. Sie waren alle auf dem Weg zu Klute, nun, da die Pubs geschlossen waren.
In Newcastle suchten wir einen bewachten Parkplatz, zerknautschten unsere Kleidung und legten alles ab, was uns als Studenten, besonders als Durhamstudenten hätte ausweisen können. Wir wollten nicht verprügelt werden. Gut getarnt telefonierten wir M. an, der lebte dort und kannte alle Clubs, der hatte auch Mitgliedsausweise für alle guten Clubs, inklusive der gay clubs, und konnte uns reinholen. Der hatte sogar immer Karten für den St. James' Park, in der VIP-Lounge.
Morgens um fünf fuhren wir zurück und schlichen uns ins College. Es war verdächtig still, bis auf das Gekicher aus der Hausmeisterloge, denn der Hausmeister hatte sich nun eine Freundin aus unseren Reihen zugelegt. Sean hieß er, und keines der Mädchen interessierte sich für ihn, bis auf Lindsay, die irgendwie so aussah wie er. Sie hatte sogar dieselbe Brille.
Wir sagten uns: Nächstes Wochenende fahren wir gleich nach Newcastle. Das taten wir auch, aber es war nicht mehr dasselbe. Es fehlte uns irgendwie zu wissen, was wir im schlechtesten Nachtclub des Landes verpassten. Nein, es war nicht mehr dasselbe.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

"Damit es schneller geht", erklärte mir A. ...

Unschlagbare Logik war das! Immer wieder und gerne erinnert. Und das Marienkloster ist nun "mixed", da fällt der Pförtner nicht mehr so auf.

Henrike hat gesagt…

jaja. ich las davon in diesem jährlichen mitgliedervereinsheftchen, das sie mir beharrlich schicken. sittenverfall!