Sonntag, März 23, 2008

Blankenese brennt, oder so

Den ganzen Abend wundere ich mich schon über den Geruch: irgendwie rauchig. Aber gut, wer weiß, was in so einer Hafenstadt alles abgefackelt wird, vielleicht brennt aber auch in Schleswig-Holstein eine Fabrik, wer kann das schon sagen. Jedenfalls, ich komme aus Ikea raus (ausnahmsweise fast leer) und es riecht nach Lagerfeuer. In Osdorf beim Rewe riecht es immer noch nach Lagerfeuer, und sie haben, wen wundert’s, keine Eier mehr, auch keine Milch und kein Brot. Also halte ich in Blankenese an der Tankstelle und bin die einzige, die abends um zehn Eier, Milch und Brot kauft. Der Rest sind geschätzte fünfzig Jugendliche, die Bier, Schnaps und Tabak kaufen. Irgendwie komme ich mir komisch vor, abgesehen davon, dass ganz offensichtlich an den Wochenenden in Blankenese was los ist, von dem ich naturgemäß noch nichts weiß.
Ein paar Stunden später, so gegen halb zwei, finde ich, es ist Zeit für einen Spaziergang, man muss sich ja auch mal bewegen, und die paar Treppen runter zur Elbe sind schon ok. Auf der Blankeneser Hauptstraße, die in Wirklichkeit eine winzige, enge Einbahnstraße ist, überfahren mich zeitversetzt gleich drei Einsatzwagen der Polizei. Ich freue mich schon, wie gut die Gegend bewacht ist, als mir verdächtig viele Menschen entgegen kommen. Auf allen Treppen wanken vermummte Gestalten herum, und ich bekomme das Gefühl, dass irgendetwas los ist, von dem ich naturgemäß noch nichts weiß. Soweit war ich schon an der Tankstelle. Aber nun sind es andere Leute.
Unten an der Elbe klärt sich dann alles auf: Hier sind die ganzen Polizisten, hier sind die Kids von der Tanke, und hier kommt der Lagerfeuergeruch her (wie er bis zu Ikea kommen konnte, ist allerdings noch ein Rätsel, aber vielleicht haben die da auch Osterfeuer). Osterfeuer also. Die Kids sind sturzbesoffen, pinkeln – Männlein wie Weiblein – in die Elbe, halten sich gegenseitig die Köpfe beim Kotzen und plaudern mit den Dealern, die sich gar nicht unauffällig um die einzelnen Feuer gesellt haben. Krankenwagen stehen auch schon überall herum und warten, genau wie die Polizisten, am Strandweg, was so alles passiert.
Ich versuche, unauffällig durch die Menge zu huschen, ein bisschen Strand will ich noch mitnehmen in dieser Nacht, aber die Deppen hinter mir haben sich in den Kopf gesetzt, mit Feuerwerksraketen nach mir zu werfen. Mit gezündeten. Ich verstehe, was Hakenschlagen bedeutet und wie sinnvoll es sein kann. Endlich wieder sicher auf einer der Treppen angekommen, renne ich in Richtung neue Heimat. Jetzt ist es viel leerer als noch vorhin. Bis auf einen schnieken jungen Menschen, der mit deutlicher Schlagseite aus dem Hause seiner deutlich wohlhabenden Eltern kommt. Deutlich lallend wünscht er mir frohe Ostern, und ich finde es bemerkenswert, wie tief gute Erziehung sitzen kann.
Von meinem Schlafzimmerfenster aus zähle ich dann noch ungefähr fünf Blaulichteinsätze, die alle in Richtung Hafen unterwegs sind. Für die Krankenwagen mache ich eine Strichliste, schlafe aber darüber ein.
Das ist es, dieses Blankenese, an Ostern. Doch ganz amüsant. In Dahlem hatten wir sowas nicht.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ach, das mit der guten Erziehung muß Dich nicht wundern, die beherrschten auch die KZ-Oberen, so sie sich in entsprechender Umgebung aufhielten, wie im Schlaf. Wobei ich, wie mir gerade einfällt, aber nicht zu sehr über Bildung und Erziehung schimpfen sollte, da ich dieselben bei gewissen Schülern ja immer schmerzlich vermisse... ;-)